Problemstellung
Beim Kauf eines Neuwagens erwarten Käufer berechtigterweise, dass das Fahrzeug über längere Zeit ohne Probleme oder Reparaturen fährt. Leider wird diese Erwartung nicht immer erfüllt.
Gelegentlich müssen Autokäufer feststellen, dass sie ein sogenanntes “Montagsauto“ erworben haben, das bereits kurz nach dem Kauf eine Vielzahl von Mängeln aufweist und trotz einer Vielzahl von Werkstattbesuchen immer noch mangelhaft ist.
Wann spricht man von einem Montagsauto?
Ein Neuwagen kann als Montagsauto bezeichnet werden, wenn eine Vielzahl von nach dem Kauf aufgetretenen Mängeln befürchten lässt, dass das Fahrzeug wegen herstellungsbedingter Fehleranfälligkeit insgesamt mangelhaft ist – und auch zukünftig nicht über längere Zeit frei von herstellungsbedingten Mängeln sein wird.
Ein Indiz hierfür ist, dass bei einem Neufahrzeug innerhalb eines kurzen Zeitraums eine Vielzahl von herstellungsbedingten Mängeln auftritt, die sich erstmals und/oder wiederholt zeigen.
Ob diese Voraussetzungen vorliegen, muss im jeweiligen Einzelfall anhand der konkreten Umstände beurteilt werden, da jeder Einzelfall anders gelagert ist.
Es kommt letztlich darauf an, ob das Vertrauen des Neuwagenkäufers in eine ordnungsgemäße Herstellung des Fahrzeugs durch die hohe Fehleranfälligkeit erschüttert worden ist.
Welche Rechte hat der Käufer eines Montagsautos?
Nach § 437 BGB muss der Käufer dem Verkäufer bei Auftreten eines Mangels zunächst die Gelegenheit zur Mangelbeseitigung (Nacherfüllung) geben, bevor er weitere Rechte (Rücktritt vom Kaufvertrag, Minderung, Schadensersatz) geltend machen kann.
Dieser Vorrang der Nacherfüllung ist dem Grunde nach bei jedem aufgetretenen Mangel zu beachten.
Der Käufer muss also grundsätzlich zunächst dem Verkäufer bezüglich jedes einzelnen Mangels Gelegenheit zur Mangelbeseitigung geben.
Ein Rücktritt vom Kaufvertrag ist grundsätzlich erst möglich, wenn der Verkäufer
- eine Frist zur Mangelbeseitigung verstreichen lässt oder
- die Mangelbeseitigung verweigert oder
- zwei erfolglose Mangelbeseitigungs-Versuche unternommen hat.
Verstößt der Käufer eines mangelhaften Fahrzeugs hiergegen, indem er (ohne dem Verkäufer zuvor die Möglichkeit zur Reparatur zu geben) einen Mangel von einer Werkstatt beseitigen lässt, verliert er seine Gewährleistungsrechte bezüglich dieses Mangels.
Liegt jedoch der Fall eines Montagsautos vor, ist zugunsten des Käufers eine Ausnahme zu machen:
Da sein Vertrauen in die ordnungsgemäße Herstellung des Fahrzeugs erschüttert ist, kann er den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären, ohne dem Verkäufer vorher nochmals eine Frist zur Mangelbeseitigung setzen zu müssen.
Nach dem vom Käufer erklärten Rücktritt ist der Kaufvertrag rückabzuwickeln:
Der Verkäufer muss das Fahrzeug Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises vom Käufer zurücknehmen. Hierbei ist zugunsten des Verkäufers eine Nutzungsentschädigung für die vom Käufer mit dem Fahrzeug zurückgelegten Kilometer in Abzug zu bringen.