Gerade auf Autobahnen kommt es sehr häufig zu Situationen, in denen sich Verkehrsteilnehmer durch andere Fahrzeugführer genötigt fühlen.
Dies ist z.B. der Fall, wenn der Hintermann zu nah auffährt und/oder die Lichthupe betätigt.
Es liegt jedoch nicht in allen Fällen eine strafbare Nötigung im Sinne des § 240 StGB vor.
Hier finden Sie einige Beispiele dafür, wie die deutschen Gerichte solche Sachverhalte beurteilen:
Nötigung liegt vor, wenn …
… ein Kraftfahrer bei einer Geschwindigkeit von über 100 km/h über mehrere Kilometer hinweg auf der Überholspur bis zu 2 m auf den Vordermann auffährt und diesen durch Hupen und Lichthupen so stark bedrängt, dass dieser sich zu einem Spurwechsel genötigt sieht.
… ein Fahrzeugführer bei 130 km/h bis auf 1 m Abstand auf den Vordermann auffährt und hierbei die Lichthupe betätigt.
… bei 100 km/h bis auf weniger als 5 m aufgefahren wird, so dass der Vordermann daran gehindert wird, seine Geschwindigkeit auf die durch ein Verkehrsschild vorgeschriebenen 80 km/h zu verringern.
… bei 100 bis 120 km/h mehrfach bis auf 4 m auf den Vordermann aufgefahren wird, hierbei (bei Tageslicht) die Nebelscheinwerfer eingeschaltet sind und fortgesetzt von links nach rechts gependelt wird.
… bei dichtem Auffahren auf der Überholspur über mehrere Kilometer hinweg bei hoher Geschwindigkeit, wobei mehrfach zum Links-Vorbeidrängeln angesetzt wird.
… mehrfach wiederholt kurzfristig auf den Vordermann dicht aufgefahren wird.
Es liegt keine Nötigung vor, wenn …
… ein Fahrzeugführer auf der Überholspur dem (gegen das Rechtsfahrgebot verstoßenden) Vordermann durch sparsamen Einsatz der Lichthupe seine Überholabsicht anzeigt.
… auf den Vordermann auf einer Gesamtstrecke von weniger als 100 m dicht aufgefahren wird.
… auf einer Gesamtstrecke von weniger als 50 m bei einer Geschwindigkeit von 110 km/h auf 2 m auf den Vordermann aufgefahren und hierbei die Lichthupe betätigt wird.
… nur ein einmaliges, kurz andauerndes Auffahren bis auf 2 m bei einer Geschwindigkeit von bis zu 80 km/h vorliegt.
… ein länger andauerndes Hinterherfahren mit einem Abstand von 15 m bei einer Geschwindigkeit von bis zu 80 km/h vorliegt.
HINWEIS: Gerichtliche Entscheidungen zu Nötigungsfällen sind nur eingeschränkt verallgemeinerungsfähig, da jeweils die Besonderheiten des verhandelten Einzelfalles berücksichtigt wurden. Die oben aufgezählten Beispiele können jedoch greifbare Anhaltspunkte für vergleichbare Sachverhalte darstellen.
Wichtige Tipps
In solchen Situationen sollte sich der Betroffene keinesfalls zur Sache äußern.
Unbedachte Äußerungen können unter Umständen unangenehme Folgen haben.
Übliche Rechtfertigungen wie „Ich habe einen dringenden Termin.“ oder „Das Auto vor mir war sogar noch schneller als ich!“ oder „Das 30er-Schild an dieser Stelle ist die reinste Schikane!“ führen zu der Schlussfolgerung, dass sich der Betroffene des Verkehrsverstoßes voll bewusst gewesen ist.
Dem Betroffenen kann dann unterstellt werden, dass er den Verstoß vorsätzlich begangen hat, was zu einer Verdopplung des Bußgeldes führen kann.
Üblicherweise wird bei Verkehrsordnungswidrigkeiten von fahrlässiger Begehung ausgegangen. Die allgemein bekannten Bußgelder gemäß der Bußgeldkatalog-Verordnung gelten also für den Fall, dass fahrlässig gehandelt wurde.
Diese zugunsten des Betroffenen geltende Vermutung gilt jedoch nicht, wenn sich dieser um Kopf und Kragen redet.