BGH-Urteile zum Rauchen in Mietwohnungen

Smoking pipe on wooden office desk. Tobacco smoking habit

In den letzten Jahrzehnten hat der Anteil der Raucher in der Bevölkerung kontinuierlich abgenommen. Eine Folge hiervon ist, dass es innerhalb von Hausgemeinschaften vermehrt zu Auseinandersetzungen zum Thema Rauchbelästigung kommt, was auch zu Rechtsstreitigkeiten führt.

Rauchverbot im Mietvertrag

Formularmietvertrag

Eine Klausel in einem Formularmietvertrag, die dem Mieter das Rauchen in der Wohnung untersagt, ist unwirksam, da sie den Mieter unangemessen benachteiligt.

Eine solche Klausel greift unzulässig in den Kernbereich des mietvertraglichen Nutzungsrechts ein, da sie sowohl den Mieter als auch seine Besucher und Familienangehörigen erfasst und damit die Sozialkontakte des Mieters beeinträchtigt.

Zulässig sind jedoch Formularklauseln, die das Rauchen in gemeinschaftlich genutzten Räumen und Flächen (z.B. Treppenhaus, Hausflur, Gemeinschaftskeller, Wäschekeller, Fahrradkeller,Dachboden) verbieten.

Individuelle Vereinbarung

Ein zwischen Vermieter und Mieter individuell vereinbartes Rauchverbot ist grundsätzlich zulässig.

Mieter schuldet keinen Schadensersatz bei „normalem“ Rauchen

Wenn kein individuelles Rauchverbot vereinbart wurde, dürfen Mieter in der Mietwohnung rauchen.

Sie verhalten sich dadurch nicht vertragswidrig.

Auch die durch den Rauch verursachten Ablagerungen auf Wänden, Fensterrahmen, Türen etc. gehören zum vertragsgemäßen Gebrauch.

Der Vermieter als Eigentümer der Wohnung wird durch das Rauchen und die hierdurch verursachten Ablagerungen nicht unangemessen benachteiligt.

Er hat nämlich die Möglichkeit, dem Mieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen im Mietvertrag aufzuerlegen. Durch diese Renovierungsarbeiten lassen sich die üblichen Spuren des (normalen) Rauchens folgenlos beseitigen.

BGH, Urteil vom 28.06.2006 (VIII ZR 124/05)

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BGH VIII ZR 124/05 Kein Schadensersatz des Mieters bei üblichem Rauchen
BGH VIII ZR 124-05 Normales Rauchen in M[…]
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Exzessives Rauchen kann zu Schadensersatz verpflichten

Extrem starkes Rauchen und / oder zu seltenes Renovieren trotz Zigarettenkonsum kann Mieter zum Schadensersatz verpflichten, wenn sich die rauchbedingten Ablagerungen nicht mehr durch übliche Schönheitsreparaturen (z.B. Streichen, Lackieren) beseitigen lassen.

In diesen Fällen liegt kein vertragsgemäßer Gebrauch mehr vor, da das Rauchen dann zu Beschädigungen führt und Instandsetzungsarbeiten erforderlich macht.

BGH, Urteil vom 05.03.2008 (VIII ZR 37/07)

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BGH VIII ZR 37/07 Extremes Rauchen und/oder zu seltenes Renovieren kann zu Schadensersatz führen
BGH VIII ZR 37-07 Extremes Rauchen in Mi[…]
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Rauchbelästigung für andere Mieter kann zur Kündigung des rauchenden Mieters führen

Das Rauchen innerhalb der Mietwohnung gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch.

Dies gilt jedoch nicht mehr, wenn der Tabakkonsum eines Mieters zu einer unzumutbaren Belästigung für andere Bewohner des Hauses führt.

Dies kann z.B. der Fall sein, wenn Zigarettenrauch regelmäßig aus einer Wohnung in das Treppenhaus, den Hausflur oder benachbarte Wohnungen zieht und hierdurch andere Menschen belästigt oder sogar gesundheitlich beeinträchtigt.

Dies kann eine erhebliche Pflichtverletzung des Mieters darstellen, die den Vermieter nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB zur ordentlichen (fristgerechten) Kündigung berechtigen kann.

In besonders schweren Fällen kann (nach ergebnisloser Abmahnung) der Vermieter zur fristlosen Kündigung berechtigt sein, wenn die Rauchbelästigung als schwere Störung des Hausfriedens zu werten ist und dem Vermieter das Abwarten der normalen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann, §§ 543569 BGB.

Ob diese Voraussetzungen vorliegen, muss das zuständige Gericht jeweils unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls prüfen.

BGH, Urteil vom 18.02.2015 (VIII ZR 186/14)

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BGH VIII ZR 186/14 Beeinträchtigung durch Rauchen kann zur Kündigung des Mieters führen
BGH VIII ZR 186-14 Rauchbelästigung kann[…]
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Rauchen auf dem Balkon – gegenseitige Rechte und Pflichten von Rauchern und Nichtrauchern 

Wenn ein Mieter auf dem Balkon seiner Wohnung so intensiv raucht, dass andere Mieter dadurch belästigt werden, kann er durch die anderen Mieter zur Unterlassung aufgefordert werden. Dieser Unterlassungsanspruch kann eingeklagt werden. Das gilt auch dann, wenn dem Raucher das Rauchen auf dem Balkon durch seinen Vermieter erlaubt wurde.

Ein Unterlassungsanspruch besteht aber nur dann, wenn die anderen Mieter auf ihrem Balkon durch den Rauch tatsächlich und nachweisbar beeinträchtigt werden. Wegen einer nur unwesentlichen Störung kann keine Unterlassung gefordert werden.

Selbst bei einer intensiven Rauchbelästigung ist aber zu berücksichtigen, dass auch der Raucher das Recht hat, seine Wohnung entsprechend seinem Mietvertrag zu benutzen – also in der Wohnung und auf dem Balkon zu rauchen. Seine Interessen sind daher bei der Abwägung angemessen zu beachten.

Um die Interessen der rauchenden und nicht rauchenden Mieter in einem Haus jeweils angemessen zu berücksichtigen, kann eine Regelung in der Hausordnung oder im Mietvertrag getroffen werden, die eine zeitlich gestaffelte Nutzung der Balkone vorsieht.

Begründet ein Mieter seinen Unterlassungsanspruch mit der Gesundheitsschädlichkeit des Passivrauchens, muss er beweisen, dass er tatsächlich auf seinem Balkon (also im Freien) durch den Rauch des Nachbarn gefährdet wird. 

BGH, Urteil vom 16.01.2015 (V ZR 110/14)

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Rauchen auf dem Balkon. Ansprüche anderer Mieter
Rauchen, Unterlassgsanspr anderer Mieter[…]
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